Shadowrun | Berlin, Berlin

Im Zuge der bevorstehenden Veröffentlichung des Berlinbuches von Pegasus werden die Rabenwelten beginnend ab jetzt umgebaut, speziell natürlich der Bereich Shadowrun/Berlin. Wundert euch also einstweilen nicht über fehlende oder in die Irre führende Links, verschwundene Posts oder andere Aussetzer:

Bis ich mich wieder melde und poste, dass ich „fertig habe“ ist diese Seite UNDER CONSTRUCTION.

Damit euch bis dahin die Zeit nicht GAR so lang wird, ein langer Post zum kommenden Berlinbuch und zur Geschichte des Settings Berlin:

Spuren im märkischen Sand

Ich habe mich ehrlich gesagt mit der Historie des Berlinsettings früher nie beschäftigt. Ich habe mit der 1st Edition begonnen, Shadowrun zu spielen, und da es seinerzeit extrem unüblich war, überhaupt deutschsprachige Rollenspielbücher zu haben, habe ich die erste deutsche Ausgabe von Shadowrun eigentlich nicht verfolgt. Das änderte sich erst mit dem 1992 erschienenen Buch „Deutschland in den Schatten“, das ich schon aus Neugier, wie Deutschland in der Zukunft wohl wäre, absolut haben MUSSTE (womit das Verlagskonzept aufgegangen sein dürfte).

Mein DidS-Buch war ein Hardcoverbuch und es war noch für die Regeln der Erstausgabe geschrieben. Da die Zweitausgabe binnen sehr Kurzem folgte, habe ich dann alle neuen Werte mit Bleistift hineingekrakelt. Gespielt haben wir in irgendeiner der ADL-Gegenden dann damals nie, denn die damalige Runde war in Seattle angesiedelt und mit der Stadt waren wir happy – zudem uns das anarchistische Berlinsetting auch „etwas“ weird vorkam.

In kommenden Jahren führte mich mein SL-Weg weg von Shadowrun und hin zu Cyberpunk 2020, was andererseits indirekt dazu führte dass ich – als Spieler – dann doch die deutschen Schatten unsicher machte (wenngleich nicht in Berlin, sondern in Hamburg). Erst 2006 kam ich zu Shadowrun zurück, nachdem sich meine diversen Cyberpunk-Kampagnen entweder ausgerottet, totgelaufen oder als konzeptionelle Rohrkrepierer erwiesen hatten.

Ich klaubte mir etwas Datenmaterial zusammen – extrem unvollständig und natürlich absolut nicht kanonsicher, schließlich entwickelte ich nur für den Eigenbedarf und baute mir mit „Knochensplitterberlin“ ein postanarchistisches Setting zusammen auf lockerer Basis dessen, was mir B!-Nutzer über Berlin 2060+ erzählten.

Einen tatsächlichen Blick in Walzer, Punks und Schwarzes Ice oder Deutschland in den Schatten II warf ich lange Zeit nicht (was natürlich auch daran lag, dass viele, mit denen ich darüber in Dialog trat, mir sagten, dass sich die Anschaffung nicht lohne (falsch) bzw. diese Bücher längst verschwunden seien (richtig)).

Wie sich herausstellte – und es war keineswegs so geplant – traf Knochensplitterberlin vielleicht nicht den Nerv, aber eine Lücke in der beschriebenen SR-Welt: Die vierte Edition war da, die Handlung von SR wurde nach 2070 vorverlegt, und damit waren auch die letzten kanonischen Infos zu dem sich im Wandel befindlichen Berlin so alt, dass sie quasi aussagelos waren (denn: zum letzten Zeitpunkt (Brennpunkt: ADL) war Berlin gerade auf Messers Schneide zwischen einem Rückfall in die Anarchie und einer Totalverwandlung in eine Konzernstadt).

In den letzten 3 Jahren war ich damit beschäftigt, das von mir von 2056(!) auf 2071 vorverlegte Knochensplitterberlin zwar nicht in das offizielle, aber zumindest das aktuellste öffentlich verfügbare Berlinsetting für Shadowrun zu verwandeln – dessen Freundeskreis zwar vorhanden, aber bestimmt nicht so groß war, wie mancher denken mag (die hauptsächlichen Rückmeldungen des Blogs bekomme ich für 36 Dinge oder die Arsenalbeiträge – Knochensplitterberlin hat, soweit ich es weiß, etwa 5 Follower, und ob von denen irgendwer Knochensplitterberlin tatsächlich je bespielt hat, weiß ich nicht).

Die Verschiebung von 2056 auf 2070 hatte dabei nur den einen Hintergrund, dass ich auf SR4 umgestiegen war und mir keine Deckingregeln für SR4 ausdenken wollte: Knochensplitterberlin war 2056 eigentlich bewusst „vor dem aktuellen Stand“ und noch reichlich anarchistisch plus nonkanonisch angelegt worden, aus dem nur die Konzernsektoren gleich Inseln aus dem Meer herausbrachen (Ich verstand nicht, warum jemand wie ich es damals kapierte die Anarchie aus Berlin abziehen sollte – was bliebe denn da von Berlin als Setting, und welche Existenzberechtigung sollte das dann haben?).

Über ein paar Artworkjobs für das SR Fanprojekt Aktion Abenteuer kam ich 2008 in Kontakt zu Pegasus, für die ich dann ein paar kleine Artjobs für das deutsche Arsenal übernahm. Dabei schlidderte ich sozusagen in den Freelancer Pool hinein, und als dort das lange ruhende Projekt Berlin angeschoben wurde (nicht von mir!) bekam ich das natürlich mit und spamte die Leute mit Knochensplitter-Ideen zu.

Daraus und aus den Worten, das Knochensplitterberlinkenner im neuen Berlinbuch viel wiederfinden werden nun zu schließen, das Berlinbuch bzw. das offizielle Berlin-Setting sei „mein“ Buch bzw. Berlin oder dieses sei aus Knochensplitterberlin hervorgegangen ist GRUNDFALSCH. Wenn ich sage, dass das offizielle Berlin mehr Ähnlichkeit mit Knochensplitterberlin hat als mit irgendeinem anderen Berlin Setting, so sagt das an sich unglaublich wenig:

Fakt ist, das offizielle Berlin ist keinem Atomschlag zum Opfer gefallen (obwohl 400 Seiten mit der Aufschrift „BOOOOOOOO …… OOOM“schon was für sich hätten) und es wurde nicht von Theranern überfallen. Auch brachen hier keine Insektengeister aus der Erde oder wurde aus Berlin die reine, aalglatte Konzernstadt. Insofern also: Ja, das offizielle Berlin hat mehr mit Knochensplitterberlin gemein als … irgendwas, dass es gar nicht gibt. Zur Hölle, das REALE Berlin hat mehr mit dem neuen, offiziellen Berlin gemein als irgend ein anderes SR Berlin.

Berlin (und ich schenke mir in Zukunft „das offizielle“ zu sagen und schreibe vielmehr das inoffizielle Berlin zum „Knochensplitterberlin“ um) war und ist eine gemeinsame Schöpfung aller beteiligten Autoren unter der Regie der Chefredaktion. Ich selbst bin einer der Autoren, das stimmt, aber keineswegs derjenige mit der höchsten oder entscheidendsten Wortzahl. Ich habe den größten Teil des Artwork gemacht, das ja – obwohl mir Klaus Scherwinskis Bilder trotzdem besser gefallen – und auch die Art Direction. Dafür könnt ihr mich gerne loben oder schlagen, je nachdem, wie gut oder schlecht euch Berlin gefällt. Auch mit Kritik an Bodenplänen könnt ihr gerne mich zumüllen. Was das Berlinsetting an sich betrifft, nehme ich Lob und Kritik als Teil eines größeren und extremst engagierten Teams gerne an, aber bitte verschont mich sowohl mit ungerechtfertigtem Lobpreis für ein Berlin, das durchaus NICHT „meine“ Schöpfung ist, und bitte ebenso mit einer Generalverurteilung als der schändliche Alleintäter, der dieses schlümme Berlinbuch verbrochen hat.

Knochensplitterberlin (KSB)

Okay, nochmal ganz kurz zum Knochensplitterberlin, ehe es um BERLIN geht. Das alte Fan-Setting wird in der bestehenden Form vom Netz gehen. Ich werde Teile davon als zwar inoffizielles, aber dem Kanon so möglich nicht direkt widersprechendes „früheres“ Berlin von ca. 2065 (das genaue Jahr muss ich noch anhand der offiziellen Berlin Historie austüfteln) erhalten, Teile auf 2073 updaten und so umschreiben, dass diese „kanonkonform“ sind, und andere Teile auch ersatzlos löschen.

Wer also noch was „retten“ will oder muss, der tue es schnellstens.

Eine Studie in Anarchie (1992/2053)

Berlin als eine offizielle Setting-Stadt für Shadowrun erschien mit dem heute berühmt-berüchtigten Buch „Deutschland in den Schatten“ 1992, über das seither sehr viel geflamed worden ist – und das durchaus nicht immer zu Recht. Natürlich habe auch ich das Setting übelst verteufelt und in Foren und diesem Blog hier verrissen, aber in der jüngeren Vergangenheit hatte ich viel Gelegenheit, das Setting mit Abstand nochmal unter die Lupe zu nehmen und als das zu würdigen, was es immerhin ist:

Ein originäres und originelles Setting, das Berlin von Geburt an von allen anderen Shadowrun-Städten abhebt und ihm ein klares „Label“ gibt: Anarchie. Und mal ehrlich: Berlin könnte schlimmere Grundkonzepte haben als das.

Auch nach fast 20 Jahren noch immer ein SAUGEILES Cover!

1992 – dem Release Jahr von DidS – war Berlin gerade wiedervereint, der Sitz der Bundesregierung war Thema, das Web war noch Sci-Fi, die Matrix war festverkabelt, Shadowrunner trugen hochtoupierte Mohawks und nannten sich „Chummer“ und die Sechste Welt war nicht nur extrem dünn beschrieben, sie war auch „wild and wahoo“: Ein irrer Ort und ein sehr abgefahrenes Setting, das erst noch dabei war, seinen Kurs zu finden. Manches war auch in den USA bzw. UCAS extrem übertrieben bis skurril, an vielen Stellen „drohte“ SR auch in Persiflage abzudriften, und Deutschland packte auf vieles davon immer noch eins drauf – und das auf viel kompakterem Raum.

Dieser Versuch, quasi alle Skurrilitäten des damaligen SR in Deutschland einzubauen und noch ein paar neue Ausrüstungsteile draufzupacken, deren prominentestes Feature es war, „uber“ zu sein, ist der zentrale Kritikpunkt an Deutschland in den Schatten. Zu den Lokalbefindlichkeiten anderer ADL-Regionen und ihrer realen Bewohner kann ich nicht viel sagen – insgesamt fand ich Shadowrun-Berlin zumindest besser, als ich etwas später dann Maskerade-Berlin fand :)

WAS Berlin als Setting so angreifbar machte, war letztlich die missglückte Verbindung von nicht erklärtem Anarchismus und einer Schreibe, die streckenweise den Ernst vermissen ließ. Anders gesagt: Das Setting war extrem erklärungsbedüftig, um glaubhaft sein zu können, und diese Erklärungen fielen zu kurz aus und/oder bedachten komplette Lebensbereiche und Fragestellungen überhaupt nicht.

Ein paar, eigentlich wenige Ideen schaffen es so, sich dermaßen tief im Bewusstsein festzusetzen, dass sie einem sprichwörtlich das Setting verderben. Wem es (immerhin) gelingt darüber hinwegzulesen, dass Bundesregierung und Senat offenbar von Studentenprotesten hinweggefegt wurden, und wer es irgendwie schafft, das extrem schwer nachzuvollziehende Leben in einer freiwillig gesetzlosen Großstadt zumindest mal hinzunehmen, der stößt auf gewollt Witziges, das die Saat einer gefährlichen, wilden, düsteren und in den Abgrund trudelnden Stadt nicht aufgehen lässt. Jedenfalls ging es mir so.

Der Gedanke eines anarchistischen Berlin selbst ist – da steh ich zu – brillant. „Realistisch“ muss er nicht sein (hey, it’s SR! Magic, you know?). Aber wenn ich ein glaubhafteres zweites oder drittes Seattle haben wollte, wozu bräuchte ich dann Berlin? Bedenkt man die Geschichte von Shadowrun und der Sechsten Welt bis 2053 (wo DidS angesiedelt ist), so gibt es – will man auf Deutschseattle verzichten – für Berlin eigentlich nur zwei Marschrichtungen: Entweder das Abgleiten in eine Kriegszone (anarchistisch oder neosowjetisch), oder aber ein neues Germania, in dem die Angst der Masse vor Seuchen, vor Magie, vor neuen Rassen und ein verzweifelter Glaube an eine starke Führungsfigur – oder meinethalben die Bundeswehr – das Volk der Normal- und Gutbürger zu allerlei Zugeständnissen gebracht hat.

Mir persönlich hätte dieses dystopische „Fatherland“-Berlin aka Germania 2053 womöglich sogar noch besser gefallen, ich verstehe aber VOLLENDS warum man so wenige Jahre nach der Wiedervereinigung und als erste deutsche RPG-Eigenproduktion (damals, als Rollenspiel noch ein willkommener Anlass für Medienhysterie war) nicht unbedingt der Welt ein Nazis in den Schatten hinlegen wollte (das holte dann ja White Wolf nach, die sind Amis und dürfen das daher).

Freilich hätte es auch noch die Option gegeben, S-K zum Berlinherrscher und damit Berlin als von einem Drachen beherrschte Stadt zu machen – und Deutschland ggf. zum Drachenstaat. Nur war das mehrere Jahre VOR der Wahl von Dunkelzahn zum UCAS Präsidenten ein absolut undenkbares und lächerliches Szenario, für dass FanPro massivst verrissen worden wäre (als dann später tatsächlich die Dunkelzahn-Präsidentschaft als Plot auftauchte gab es ja auch darüber ordentliches Geflame (ohne Internetforen!) – 1992 war die Welt aber in jedem Fall noch nicht reif für das Konzept).

Was ich damit sagen will: Bei allem völlig berechtigten Flamen über letztlich Details des Berlin- und ADL-Settings der ersten Stunde vergisst man leicht, dass das Setting und erste deutsche Grundbuch zu Shadowrun ein GEWALTIGER Wurf war, der insgesamt immerhin gut genug funktioniert dass bis heute ein Großteil des damals gelegten Materials weiterverwendet wird oder man auf diesem aufbauend etwas anderes erschaffen konnte. Wenn man ein paar freie Minuten hat, kann man ja mal drüber nachdenken, was die Autoren der „Stunde Null“ vor Erschaffung der ADL alles hätten anders und extrem viel schlechter machen können!* Will sagen: Über allen Details sollte man das große Ganze nicht vernachlässigen und die Dinge auch im Verhältnis zueinander sehen.

*Anm: Natürlich gibt es bei einer Großfläche wie der ADL garantiert Gegenden, deren Bewohner völlig zu Recht sagen: „Also, auch nach hartem Nachdenken fällt mir nicht ein, wie ich diese Gegend hätte SCHLIMMER als bei DidS machen können“. Und als Exilsaarländer (der inzwischen wesentlich länger in Berlin lebt, als er je dort lebte) sag ich mal: ich hätte mir für meine Geburtsstatt auch was Schöneres als die SOX gewünscht :)

Das Gore war Scheiße (genauer: Die Art wie es präsentiert wurde), die grünen Barden auch, Magier die U-Bahnen vor Giftgeistern schützen erst recht, alles wahr. Aber „Berlin + Anarchie“ – das funzt und ist letztlich der zentrale Funke, auf den bis heute wohl fast jeder, der Berlin bespielt (egal wie wenig das sind), abfährt (zumindest glaube ich nicht, dass es allzu viele gibt die lieber in einem Saubermann-Berlin gespielt hätten). Nach meiner Beobachtung stören sich an Anarchoberlin eigentlich eher diejenigen, die gar nicht vorhaben, in Berlin zu spielen: Sie fühlen sich durch die Haken und Ösen dessen, was sie als broken concept betrachten, in ihrem Winkel der SR-Welt gestört und hätten – ganz ehrlich – lieber eine (SR-)Welt ohne Berlin oder ein Berlin, dessen Konzept sich auf „stört nicht“ verdichten lässt.

Fans des Klapperschlangen-Berlin-Settings und einem Faible für „Shadowrun: Where Man meets Magic and Mad Max“ (auch Wummen und Weiber SR genannt) finden den Gedanken, durch ein zerschossenes und heruntergekommenes Berlin in einem mit Gatlings bewaffneten Taxi zu fahren SO cool, dass sie sehr bereit sind, dafür jede Menge Stuss einfach hinzunehmen oder als unwichtig abzutun. Und HEY, nach der Philosophie funktionieren immerhin 9 von 10 Kinofilmen!

Vorgreifend muss zudem gesagt werden, dass manchen ja die heutige Welt von 2010+/2070+ ein bisschen zu geleckt oder auch komplex und durchdesigned geworden ist und sie sich eigentlich nach dem eher pulpigen bis trashigen 2050er Shadowrun bzw. der Cyberpunk-Mentalität der 80er/90er sehnen. All diese finden im Gedanken eines Anarcho-Berlins eine Art Biotop und Rückzugsraum:

Wo die Reichweite des Wifi endet und nachts keine Straßenleuchten die Finsternis erhellen, lebt man zwar nicht unbedingt wie im letzten Jahrhundert. Aber wie in der 1st Edition schon. Ein bisschen.

Das Ende der Anarchie (1997/2058)

Ich habe seinerzeit nicht verfolgt, wie die Rezeption von Deutschland in den Schatten war. Jedenfalls muss sich irgendwer gedacht haben, dass das Anarchistensetting Berlin broken ist und korrigiert werden muss. Über die Gründe dafür kann ich nichtmal spekulieren, da mir hier sämtliche Info fehlt, jedenfalls zeichnet das nächste Quellenbuch, das sich unter anderem mit Berlin beschäftigt, das Bild einer kommenden oder bereits umgesetzten Konzernherrschaft über Berlin.

Österreich. Außerdem: ADL. Und etwas Berlin.

Während Berlin im DidS ausreichend Platz erhält, sich als komplettes Stadtsetting darzustellen, ist dies schon vom Umfang her innerhalb des „Österreich-Bandes“ Walzer, Punks und Schwarzes Ice nicht möglich. Somit enthält WaPuSI auf gerade einmal 6 Seiten nur eine Art Update – was besonders Schade ist, da das Grundsetting gar nicht mal so uninteressant klingt.

Die Konzerne übernehmen nur 2 Ingame-Jahre nach DidS die Macht in Berlin. Der Berliner Rat setzt sich aus 31 Vertretern der Bezirke plus 25 Vertretern der Konzerne zusammen, wobei von den 31 Bezirksvertretern ein guter Teil direkt von der Gnade der Konzerne abhängig oder direkt von diesen eingesetzt sind. WaPuSI bleibt leider sehr generisch, was Infos zu anarchistischen Ecken in Berlin angeht, verneint aber zumindest nicht deren Existenz.

Eine wirkliche Ortsbeschreibung Berlins gibt es nicht, immerhin aber werden 9 neue, jeweils von 1 Konzern beherrschte Sektoren vorgestellt. Ob diese eigentlich als neue Bezirke gedacht waren (wie sie später auftauchen) oder nur als „Einflussgebiet“ überhalb der alten Bezirksgrenzen scheint mir WaPuSI gar nicht so genau festzulegen, aber das ist ja auch egal: Stand 1997/2058 ist Berlin eine Konzernstadt, und deren Los scheint offen zu sein.

Die Mauer muss her (2001/2062)

4 Jahre lang wird es still um Berlin, und umfassende Neuigkeiten hält das Deutschland in den Schatten II auch nicht bereit: Die Konzerne beherrschen weiterhin Berlin, neu ist nur, dass 2060 eine Mauer um den Ostteil der Stadt errichtet wurden, um die Gefahr des anarchistischen Terrors einzudämmen.

Tatsächlich finde ich dieses Setting ziemlich genial – nur Schade, dass ich zu der Zeit so weit ab von Shadowrun unterwegs war, dass ich es glatt verpasst habe: Ein Berlin à la Snake Plisskin wäre im Prinzip ziemlich genau mein Ding gewesen, und der Split zwischen brutalistisch auftretenden Konzernen plus „Sie Leben“-liker Konzernpropaganda auf der einen und anarchistischer Gewalt und Hunger auf der anderen Seite bietet reichlich Stoff für Stories, Runs und antiheromäßigen Pulp.

Soweit sich das heute nachkonstruieren lässt, scheint DidS2 und das Berlinsetting mit der ummauerten Ostzone ein Timingproblem gehabt zu haben: Einerseits zu 80er, um von den 90ern verstanden zu werden, die grade die 00er geworden sind, zu street level in einer Edition, die mehr Richtung James Bond trifft den Bionic Man abgeht, und vielleicht auch im Bemühen, mal nicht überzogen zu sein etwas zu gefällig und glatt kommt Berlin erstmals seit fast 10 Jahren wieder als echtes Setting mit Locations etc. daher.

Natürlich ist Berlin im DidS2 ebenso wie im DidS1 nicht ein eigenes Städtebuch wie Seattle, aber die Stadt wird auf dem verfügbaren Platz umfassend dargestellt und liefert reichlich Storymaterial. Im DidS2 werden die „neuen Konzernsektorn“ von WaPuSI als Stadtteile fixiert, was sie streng genommen noch immer nicht zu Bezirken macht, aber da alle anderen Bezirke ebenfalls mit „Stadtteil“ bezeichnet werden scheint dies de facto so zu sein. Bei weiterhin 31 Bezirken mit je 1 Bezirksvertreter plus 25 Konzernvertretern kommt man also im Rat auf ein fixes Verhältnis von 35 direkten Konzernvertretern (25 reine Vertreter plus 10 Vertreter von Konzernstadtteilen) bei 56 Vertretern insgesamt. Fragen dazu, wer herrscht, dürften sich erübrigen.

Zwar bleiben mindestens mir einige Details des politischen Systems unklar (gleiche Bezirksvertreterzahl trotz Wegfall der Ostzone?), insgesamt aber ist DidS2-Berlin sehr rund, und man bemüht sich nach Kräften, die bizarreren Aspekte des DidS1-Berlin vergessen zu machen oder zu entschärfen (so fragt z.B. ein Shadowtalker, ob es das Gore wirklich gegeben habe).

Einblick in das DidS2 habe ich übrigens erst in meiner Autorenarbeit für das Berlin-Quellenbuch erhalten. Es war mir schlicht nicht möglich, ein DidS2 aufzutreiben (nicht mal als *pieep*) – als ich dann Einblick hatte, habe ich mich etwas geärgert, denn mit Kenntnis von DidS2 hätte ich einiges an Knochensplitterberlin anders oder dieses eventuell auch GAR nicht geschrieben.

Schockwellen! (2003+/2063)

Nachdem es zuvor mehrere Jahre lang still um die ADL war, ballert mit DidS2 ein wahrer Sturm los: Von Schockwellen über Europa in den Schatten bis zu Brennpunkt: ADL beleuchten gleich mehrere Bücher den Zustand der Welt und der ADL 2063 und streifen dabei auch immer Berlin, wo immerhin ein Hauptkapitel der international verlinkten Schockwellen-Ereignisse stattfindet.

Wenn ich sage, dass sich dabei unterm Strich „nichts“ in Berlin ändert, so meine ich damit, dass das Machtverhältnis zwischen Konzernen und Anarchos in Berlin nicht WESENTLICH geändert wird: Es gibt Kämpfe, es gibt erhebliche Verluste und es wird der Boden bereitet für kommende Ereignisse, aber es ist jetzt nicht so als würden die Konzerne die Ostzone mit Wasser volllaufen lassen und einen Swimmingpool draus machen.

Was 2003/2004 und im Prinzip auch in den folgenden Jahren geschieht, ist dass das Berlinsetting von DidS2 zunehmend hart zu kriegen ist (und kaum einer besitzt es), es aber umgekehrt kein neues Berlinsetting gibt. In verschiedenen Bänden wird die Situation in Berlin immer wieder mal gestreift, mal auch schlaglichterartig ausgeleuchtet, aber ein wirkliches Buch, mit dem man „jetzt“ einsteigen und Berlin bespielen könnte gibt es nicht.

Infos zu Berlin zu bekommen ist zwischen 2004 und 2010 eine vertrackte Detektivarbeit, für die ich mich speziell bei den Blutschwertern, der Shadowhelix und dem Shadowiki bedanken möchte, die mir meinen Job als SL auf der Suche nach Infos für eine neue Spielrunde in Berlin überhaupt erst möglich gemacht haben. Danke, Jungs – eure Arbeit ist großartig, und ohne euch wäre SR nicht dasselbe!!

Als Nebenanmerkung zu KSB sei gesagt, dass dieses Fansetting 2006 startete, zunächst für 2056, dann wie gesagt wegen SR4 nach 2071 verschoben, damals noch auf der alten Rabenfederseite. Aus dem Split zwischen „geschrieben für 2056, dann verschoben auf 2070“ erklären sich einige der Ungereimtheiten im KSB.

Status Quo Vadis (2010/2073)

Oberbaumbrücke bleibt Stadtringlücke? Von wegen!

Mit dem Berlinbuch erscheint 2010 erstmals seit Deutschland in den Schatten II ein bespielbares, detailliert beschriebenes Berlinsetting, und das erste reine Stadtbuch für Berlin überhaupt! Einige Infos zum Buch wurden ja schon auf B! und natürlich im Pegasus-Forum angeteast, wobei Eismann im Pegasusforum auch ein paar Einblicke zur „Settingpause“ und den Hintergründen, warum Berlin (erst) jetzt kommt, gibt.

Das neue Berlinsetting ist eine stringente Fortschreibung der Ereignisse von 2062/63 (+ der weiteren Ereignisse, die seitdem publiziert wurden).

Es ist NICHT eine aufgehübschte oder erweiterte KSB-Version (und es tut mir ehrlich leid, hier wie eine zerkratzte Schallplatte zu klingen, aber ich werde immer wieder darauf angesprochen und muss hier einfach mal klarstellen – hoffentlich letztmalig – dass nicht ICH das Berlinbuch geschrieben habe, sondern vor allem ANDERE. Ich habe MITGEARBEITET und BEIGETRAGEN, aber nicht GELEITET oder BESTIMMT. Das macht wenn dann der Chefredakteur, das ist nach wie vor Tobias Hamelmann).

Im neuen Berlinbuch wird man jede Menge Neues, aber auch einiges Bekanntes wiederfinden, darunter z.B. auch Shadowtalker, die schon im DidS1 geredet haben und mit dem Alter offenbar nicht weiser geworden sind. Das Berlinsetting ist integriert in das lebendige und sich stetig weiterentwickelnde ADL-Setting von Pegasus, es greift viele Plotstränge aus anderen Publikationen auf (ohne Zwang, diese zu kennen, aber schön für den, der es tut) und leitet auf kommende Ereignisse an anderen Orten der ADL hin.

Neben dem, was ein Settingbuch zu Berlin haben muss, bietet es eine Reihe Spielhilfen, die man auch außerhalb Berlins in seinem Shadowrunspiel hilfreich finden wird, bietet also Nicht-In-Berlin-Spielern neben einer unterhaltsamen Lektüre auch praktischen Nutzen für die eigene Runde.

In jedem Fall ein Buch, dass sich zu haben lohnt und sich speziell in der limitierten Edition ausnehmend hübsch im Schrank machen wird. Besagte limitierte Edition wird wie Tobias „Tigger“ Hamelmann hier erklärt zur Messe erscheinen und von zwei Seiten aus lesbar sein, also einmal „aus Konzernsicht“ und einmal „aus Anarchosicht“ – eine Idee, die, wie Peer „SirDoom“ Bieber hier revealed, ursprünglich 2005 auf seinem Mist gewachsen ist. Was lange währt …  :)

Auch Berliner können irren. Im Finalen heißt es dann "Fernsehturm" und der Daumen ist ÜBER dem Menü, versprochen.

Soweit der aktuelle Überblick. Neuigkeiten und weitere Previews findet man außer unter den oben genannten Links auch unter der deutschen Shadowrun Group auf Facebook. Eventuell noch weitere Art Previews gibt es außer dort ggf. dann auf der FB Group Art of AAS oder der raben-aas Galerie (mit 1 L) auf Deviant Art. Wer Ergänzungen, Korrekturen oder – wer weiß – als früherer Mitarbeiter an einem der hier genannten Bücher etwas anzumerken, zu beleuchten oder auch zu korrigieren hat, kann das sehr gerne tun, sei es als Kommentar oder (bei längeren Antworten besser) als Mail.

Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder auch Korrektheit meiner Angaben – ich kann nur versprechen, nicht bewusst zu schummeln :)

Habt Spaß in Berlin, oder wo immer ihr lauft!

5 Kommentare zu “Shadowrun | Berlin, Berlin

  1. […] Mehr zum Hintergrund des Berlinbuchs gibt es bei AAS – Link […]

  2. Andai sagt:

    Netter Artikel, aber wie kommt es, dass du das Chrom & Dioxin so völlig aussen vorgelassen hast?

    Grüße

  3. rabenaas sagt:

    Ich fand ehrlich gesagt das Chrom & Dioxin in diesem Zusammenhang nicht erwähnenswert. Natürlich stehen beim ADL-Überblick ein paar Infos, aber insgesamt weniger Berlin-Relevantes als z.B. im Unterwelten oder dem Almanach, die hier ja auch nicht weiter erwähnt werden. Um es in die Aufstellung hier zu „schaffen“, muss man als Buch mindestens einen gesonderten Abschnitt/Kapitel für Berlin haben.

  4. […] folgende Text basiert auf einem älteren Posting zum Start des Berlin-Buchs, der auf den Rabenwelten gepostet wurde, und aktualisiert die darin enthaltenen […]

  5. […] folgende Text basiert auf einem älteren Posting zum Start des Berlin-Buchs der vierten Edition, der auf den Rabenwelten gepostet wurde, und aktualisiert die darin enthaltenen Infos auf 2019 und […]

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